InterRail?


 

"Was? Das gibt es noch?" 

Das war fast immer die Antwort, wenn ich erzähle, dass ich mir ein solches Ticket besorgt habe. 

Ich weiß auch nicht, was mir am Sonntag, den 17.7. durch den Kopf schoss, als ich in Google "InterRail" eingab. Aber auch bei mir war die Überraschung sehr groß, als ich feststellte, dass es dieses "Institut" immer noch gibt. Schon als Jugendlicher wollte ich das eigentlich immer mal machen, hatte aber irgendwie nicht den Mut dazu. Warum also nicht jetzt einfach mal versuchen? Die Internetseite (siehe links: "Seiten") war recht gut aufgebaut. Man konnte zwischen unterschiedlichen Paketen, gestaffelt nach "Reisetagen" auswählen, sogar "erste Klasse" war buchbar (was ich aber im Überschwang sofort ablehnte). 

Das Prinzip ist folgendes:

Man bucht n-Reisetage - je nach Dauer oder Distanz seiner eigenen Reise. Sobald man einen Reisetag aktiviert, kann man an diesem Tag - den man selber bestimmen kann - zwischen 0.00 Uhr und 24.00 Uhr auf nahezu allen Zügen quer durch Europa fahren. Wie das Verfahren bei Nachtzügen läuft, weiß ich noch nicht. Aber ich vermute, man startet dann ab 0.01 Uhr einen neuen Reisetag. 

Dieses Buchungsverfahren lässt sich ziemlich elegant über eine Handy-App steuern. Dort gibt man seinen Start und Zielbahnhof ein (das sollte man zumindest wissen) und wenn möglich noch den Tag, an dem man fahren möchte und bekommt dann eine Vielzahl (!) an möglichen Verbindungen. Und zwar Länderübergreifend. Alle Stationen und Umsteigebahnhöfe, samt der exakten Abfahr- und Ankunftszeiten und der Zugbezeichnungen (sehr wichtig im Ausland) werden angezeigt. Wenn man sich für eine Verbindung von a nach b entschieden hat, übernimmt man diese in seiner App in den Bereich "My Trip", in dem zwischen unterschiedlichen Reisen differenziert werden kann. 

Der Abschnitt "MyTrip" mit 3 sichtbar gebuchten Verbindungen


Dort aktiviert man diesen Zug oder diese Züge und kann dann über den Bereich "Mein Pass" (jetzt also auf Deutsch) für diesen aktivierten Zug, auf die Fahrkarte per QR-Code zugreifen. Erst mit der Aktivierung des QR-Codes wird die Reise übrigens fest gebucht. Jedoch kann man jederzeit VOR Beginn der Reisezeit diese Fahrt auch ziemlich einfach wieder stornieren und auf einen anderen Zug zugreifen. 

Der Bereich "Mein Pass" mit der u.a. anzuzeigenden Fahrkarte als QR Code


Nebenbei bemerkt: In Deutschland erfolgt dieses Auslesen mittels eines Atlas-großen Lesegerätes (welches einem Passagier hin und wieder auch die Schulter auskugelt, wenn das Teil etwas unkontrolliert an der Schulter eines Zugbegleiters herumschlenkert), während im gesamten osteuropäischen Ausland die Schaffner/innen kleine und elegante Handys zum Auslesen nutzen. 

An dieser Stelle wird dem User auch mitgeteilt, wie viele Tickets bzw. Reisetage man schon verbraucht hat und was man noch offen hat. 

Das läuft ziemlich einfach und elegant.

Theoretisch muss man also gar nicht groß Reisepläne auf Bahnhöfen studieren oder dort Ticketschalter suchen. Mit einer Ausnahme: die Reservierungen laufen fast überall noch über Papier. Wenn man also vorab weiß, welche Züge man wann nutzt und diese Fahrten für den jeweiligen Tag vorbucht, kann man auch Reservierungen über das System laufen lassen. Die Reservierungskarte wird dem Reisenden dann zugeschickt. Wenn man aber nicht weiß, wann und vor allem wohin man fahren will, muss man das vor Ort an den örtlichen Ticketschaltern erledigen. Was aber zum einen Spaß macht und zum anderen im osteuropäischen Ausland total easy (die sprechen dort alle - also die, denen ich begegnete - ein hervorragendes Englisch) ist und kaum was kostet (in der Regel 3 Euro). 

Diese Reservierungen sind allerdings auch dringend zu empfehlen, da unsere osteuropäischen Nachbarn - anders als bei uns - mit Überbuchungen keinen Spaß verstehen und einen vollen Zug ("keine Sitzplätze mehr") auch als solchen betrachten und wohl auch gerne mal Rucksackreisenden mitteilen, einen anderen Zug zu nehmen. Im Prinzip also der richtige Weg.

Man braucht halt ein Handy - sonst läuft es nicht ganz so einfach. Was aber auch ginge: Man könnte sich alle Tickets auch per Post zuschicken lassen Was aber - wie gesagt - eine ziemlich genaue Planung voraussetzt (was wiederum nicht so mein Ding ist).

Ich buchte mir also einen 7-Tage Pass für 335 Euro und nahm mir als erstes Ziel mal Istanbul vor. Ein Ziel - das wusste ich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht - welches auf einer völligen Fehleinschätzung der Distanzen in Europa beruhte. Außerdem hatte ich vor, mit dem 9-Euro Ticket erstmal bis Hemsbach zu fahren, um von dort aus die Fahrt zu starten. Auf diesen 9-Euro Teilabschnitt verzichtete ich aber relativ schnell (was möglicherweise auch sehr weise war, aber dazu führte, dass ich dieses Ticket im Juni und Juli nicht einmal nutzte!) und buchte gleich für den 20.07. eine Fahrt nach Wien über meinen neuen InterRail Pass. Von dort aus wollte ich weitersehen. 

An den jeweiligen Zielorten wollte ich mir dann spontan eine Unterkunft suchen. Altersangemessen musste das keine Absteige mehr sein und ein Hostel war jetzt auch nicht zwingende Regel für mich. Ich ging davon aus, dass die Anzahl der Hotels in und an den Hotspots dieser Welt für eine Person immer was übrig hat. Und so war es auch. Aus Sicherheitsgründen nutzte ich aber häufig die Zeit im Zug und recherchierte über Booking.com die Optionen aus. Was aber - siehe Budapest - nicht notwendig gewesen wäre. Dieses Verfahren der Vorabbuchung machte allerdings auch die Orientierung etwas schwieriger. Statt sich auf ein optisch erkennbares Hotel in Bahnhofsnähe zu konzentrieren (die es immer auch in der etwas angenehmeren Kategorie gab), musste man sich den Weg zum gebuchten Hotel selber erarbeiten. Aber hier half Google Maps, auch wenn es da doch mal Überraschungen hinsichtlich der Distanz gab. 

Wie hat man das alles eigentlich früher ohne Internet geschafft?

Das Abenteuer "InterRail" konnte also losgehen.