Budapest

 

Parlament am Kossuth Platz

Die Fahrt nach Budapest verlief relativ unspektakulär. Nur die Reservierungen der Plätze funktionierte dort nicht. Ging aber alles gut auf, trotz der Unmengen an Rucksackreisenden - es fand sich überall noch ein kleines Plätzchen. Und die Fahrt dauerte keine 3 Stunden. Richtig entspannend.

Am Morgen frühstückte ich noch ausgiebig im "Enziana" und machte mich dann gegen 8 Uhr auf den Weg zurück zum - übrigens richtig gewaltigen, fast wie ein Flughafen wirkenden - Hauptbahnhof. Wie immer mit den Zügen der Österreichischen Bundebahn, lief dort alles glatt und der richtige Zug wurde schnell von mir gefunden. Bis zur Grenze von sehr freundlichen Österreichern begleitet, die dann von ebenfalls netten Ungarn abgelöst wurden. Alles ganz easy.

Und gegen 12 Uhr war ich dann in dem wunderbaren Kopfbahnhof (von 1883) namens Keleti angekommen.

Die Stadt war nicht sonderlich voll - was vielleicht an der extremen Hitze gelegen haben mag.

In Budapest hatte ich diesmal nicht vorgebucht, sondern hatte mir auf der Hauptstraße - ausgehend vom Bahnhof Keleti ein IBIS Hotel ausgesucht. Auf Nachfrage war was zu haben für eine Nacht. für 93 Euro. Recht teuer fand ich. Daher buchte ich an der Rezeption noch schnell in Booking.com ein und sparte dadurch fast 9 Euro. Ok, ein wenig lächerlich vielleicht, aber 9 Euro sind halt 9 Euro. Das Hotel ist ok  auch wenn das Design Motto Nintendo Spiele sind und man überall Mario begegnet. Sehr kleines Zimmer, aber mit Klimaanlage und das Frühstück am nächsten Morgen sollte auch reichen. Außerdem eine Kaffeebar mit ziemlich guten Kaffee unten in der Lobby. Lustigerweise lag das IBIS genau gegenüber dem Hotel, in dem Christina und ich 2008 abgestiegen sind. 

Und da es noch früh am Tag war (12.00 Uhr), machte ich mich trotz der immensen Hitze noch auf den Weg in die Stadt, die diesmal auch nicht sonderlich weit weg vom Hotel lag. 

Budapest wirkte auf mich noch desolater, als 2008. Die Haupttouristikspots waren und wurden ziemlich intensiv renoviert. Die Kettenbrücke konnte aktuell gar nicht erst betreten werden. Aber ansonsten scheint mir Budapest so einige Probleme zu haben, was ich vor allem am späten Abend feststellte, als ich in die Josef Stadt rüber lief und dort eher die Schattenseiten der Stadt sah. Der Forint steht ungefähr bei 300 Forint für 1 Euro. Kleingeld gibt es schon gar nicht mehr. 

Daher wirkt die Stadt auch eher ambivalent. Teure Fußgängerzonen mit entsprechenden Geschäften und einem sehr intensiven Nachtleben in der Altstadt (dem ehemaligen Judenviertel), wechseln sich mit eher schmuddeligen Ecken ab. Auch die Drogenszene scheint sich ganz gut etabliert zu haben. Jedenfalls meinte ich zwei Drogendeals live gesehen zu haben. Und bei der vermuteten Kinderprostitutionssituation hoffe ich nur, mich in der Szenerie getäuscht zu haben und es war alles ganz harmlos. Hoffentlich. Die Stadt spaltet also sicherlich, aber man sollte sie gesehen haben.

Und wie gesagt: Das Nachtleben mit den vielen jungen Menschen (es war allerdings auch Freitag Abend) war schon ziemlich nett.

Insofern war es auch ok, nur einen Tag zu bleiben und am nächsten Tag weiter zu fahren. 

Die Stadt hatte ich mir dabei recht gut erlaufen - auch wenn ich häufiger eine Limo-Pause machen musste. Besonders erwähnenswert war eigentlich nur das Memorial am Kossuth-Platz vor dem Parlament, welches unterirdisch gelegen an den Volksaufstand der Ungarn 1956 erinnerte (einer der vier, die schließlich zum Sturz der Sowjetunion führen: 53 in Berlin, 56 der Volksaufstand in Ungarn, 68 der Prager Frühling und 89 Leipzig - wenn man so will). Die Ausstellung in der Katakombe war eher emotional, denn informativ. Aber immerhin war es da unten schön kühl und ich hatte mir vorher im ziemlich professionellen Shop des Parlaments noch etwas Lesematerial über diese Sache besorgt. Das reichte für einen ersten Einblick.

Ich machte am späten Nachmittag dann mal "zeitlichen Kassensturz". Tatsächlich gab es Verbindungen über Bukarest nach Istanbul. Aber 16 Stunden mit dem Nachtzug nach Bukarest und vor dort aus mit dem "Bosporus-Express" nochmal mindestens 20 Stunden nach Istanbul waren eine Hausnummer. Und inwieweit ich das mental schaffen konnte, war mir auch noch nicht so klar. Vor allem - nachdem ich das Zugverbindungssystem der InterRail App langsam so richtig verstanden hatte - gab es dann auch keinen alternativen Rückweg, außer wie beim Hinweg. Und das hätte ich dann binnen 60 Stunden durchziehen müssen - und wäre trotzdem nicht vor kommenden Mittwoch nach Hause gekommen. 

Das wirkte auf mich jetzt nicht so sinnig. Es hätte zwar am Mittwoch einen Flug von Istanbul nach Frankfurt gegeben (mit 80 Euro auch finanzierbar), aber der ging von irgend einen kleinen Airport nahe - möglicherweise - Istanbul ab. Rechnet man einen Tag Rekonvaleszenz in Bukarest ein (eine Stadt, die mir nun wirklich  noch etwas unheimlich war), hätte ich nur eine Nacht in Istanbul bleiben können (wenn ich bei dem Plan verbleiben wollte, nur 8 Tage unterwegs zu sein).

Ich entschied mich also, die Istanbul-Sache erstmal auf Eis zu legen.

Statt dessen wollte ich mich auf den Weg nach Prag machen und vor dort aus - direkt am Folgetag - nach Warschau. Immerhin eine Stadt, in der ich bis dahin noch nicht war. 

Seltsamerweise bot "InterRail" keinerlei Verbindungen nach Serbien an. Belgrad hätte mich schon interessiert. Ich hätte nach Zagreb (Kroatien) fahren können und von dort aus weiter nach Italien. Aber auch dieser Bogen unten herum hätte immens viel Zeit gekostet. Nach Norden von Bukarest führte auch nichts. Und von Budapest ging praktisch alles über Wien. 

Unfassbar, wie groß Europa tatsächlich ist. Ich dachte wirklich, dass kann man doch alles super in einer Woche abfahren. Soviel dazu (Vorurteil Nr. 45).

Also hieß es, am Samstag wieder zurück nach Wien ("Alle Wege führen über Wien" - alte Habsburger Weisheit) und von dort aus weiter nach Prag.  

Aber zuerst musste dafür eine Reservierung besorgt werden. Meine App teilte mir nämlich mit, dass hier ohne Reservierung nix geht. Also machte ich mich am frühen Abend (noch vor dem Abendessen, dass ohnehin nicht so besonders war) noch auf zum Bahnhof, in der Hoffnung, dass dort noch ein Schalter auf hatte. Und nach einigen Suchen fand ich diesen Schalter auch. Genauer gesagt war es eher eine Tür, vor der sich eine recht lange Menschenansammlung anfand. Und das bei dezenten 45 Grand in der Halle. Alle paar Minuten öffnete sich die Tür und ein bulliger Typ mit einer ziemlich großen Plakette um den Hals (rot, gold und Handteller groß - also die Plakette, nicht der Typ) ließ eine oder zwei Personen rein und vorher eine oder zwei Personen wieder raus. Das führte eher zu Unsicherheit und Hektik, da wohl auch die Ungarn nicht so genau wussten, ob dies nun ein Schalter oder der Zugang zum örtlichen Mafiaboss sein sollte. Aber ich hatte Zeit, mir gefiel die Atmosphäre und ging eigentlich auch davon aus, dass ich auch ohne Reservierung irgendwie zurück nach Wien komme.

Aber schlussendlich war es der Fahrkartenschalter. Klimatisiert übrigens - was die geschlossene Tür erklärte. Und da lief dann alles sehr professionell und freundlich ab. Man fragte mich für welchen Zug ich was brauche (perfektes Englisch) und wie ich zahlen möchte (3 Euro oder 1000 Forint) und ich hatte meine Platzkarte. Man hatte es sich fast etwas "orientalischer" gewünscht. Der bullige Typ verabschiedete mich noch freundlich, machte mir die Tür auf und ich war wieder in der 45 Grad Halle.

Ich machte dann noch meine Abendrunde durch die ziemlich belebte Altstadt und suchte mir was zu Essen. Interessant fand ich ein Hummus-Restaurant. Aber da gab es nur noch einen Platz im extrem heißen Innenbereich (gefühlte 50 Grad) und das war mir dann doch zu viel. Ich fand dann noch ein klimatisiertes Restaurant. Der Hummus war dröge. Die Limo aber super. Und wie gesagt: klimatisiert. 

Nach dem oben bereits beschriebenen Abstecher durch die Josef-Stadt (an die Straßenecke zu pinkeln gehört da wohl zum guten Ton. Ich verzichtete allerdings auf diese Anbiederung an die örtlichen Gewohnheiten) und dem kleinen Dankgebet an die Erfinder von Google Maps, war ich gegen 0.00 Uhr in der Falle.

Ich glaube heute waren das 25 Kilometer.